Instagram, Pinterest, idealo - Wie wichtig ist “Contextual Commerce” in der Zukunft?

18. April 2018

Seit wenigen Wochen bietet Instagram seine “Shopping” Funktion auch in Deutschland an und ist damit bei vielen E-Commerce Treibenden das erste Mal in den Fokus gekommen.

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idealo Direktkauf wurde zum 31. Dezember 2022 eingestellt. Alle dazugehörigen Dienstleistungen wurden in diesem Zuge ebenfalls beendet. 

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So ganz neu ist das Thema jedoch nicht - nicht nur Instagram sondern auch Pinterest bieten in den USA schon länger ähnliche Services an, also aus dem “Stöbern” in den Bildern und Feeds direkt in einen Kaufprozess einzusteigen. Das ist deshalb so spannend, weil diese sozialen Plattformen durch die sehr einfache und stark visuelle Funktionsweise, kombiniert mit den Community Elementen, das Potential haben, die Lücke zwischen Inspiration und Kauf zu schließen.

E-Commerce funktioniert auch im Jahr 2018 noch vielfach so, dass Kunden schon wissen “was” sie wollen, nur noch nicht genau “wo”. Der initiale Kaufanreiz findet primär außerhalb der Onlineshops statt - in Magazinen, Zeitungen, Blogs, im Ladengeschäft vor Ort - oder eben in den sozialen Netzwerken. Wenn diese es also schaffen, den Kaufanreiz sofort zu wandeln, dann erscheint das Potential aufgrund der vielen hundert Millionen aktiven Nutzer gigantisch. Zusätzlich funktionieren die sozialen Plattformen auf allen Endgeräten (sogar Mobil tendenziell besser als Desktop), was den Spontankauf nochmals deutlich verbessern sollte- Amazon, Alibaba und Co. würden über Nacht ernsthafte Konkurrenz bekommen.

Instagram’s “Shopping” Funktion in Deutschland ist bei näherer Betrachtung jedoch gar nicht so spektakulär, wie es die aktuellen Artikel in vielen Fachmagazinen vermuten lassen - primär handelt es sich um eine Weiterleitung per Link auf die Produktdetailseite im Webshop eines Onlinehändlers, bei dem dann der eigentliche Kaufprozess stattfindet. Die visuelle Kaufinspiration findet also nur auf Instagram statt, der Kauf jedoch direkt beim Händler/Werbetreibenden. Das konvertiert sicherlich etwas besser für die großen Influencer mit ihren zig Millionen Fans als die bisherige Lösung (Textlink in die Beschreibung/Kommentare) ist aber immernoch “Werbung” und löst keines der o.g. Probleme im E-Commerce.

Pinterest geht (zumindest in den USA schon seit 2015) einen gehörigen Schritt weiter - es bietet nativ die Möglichkeit, innerhalb der App die dort entdeckten Produkte auch gleich zu kaufen. Die Bezahl- und Adressdaten werden einmal erfasst, der Kunde muss die App nicht mehr verlassen. Durch den, im März auch in Deutschland, eingeführten “Shop the look Button” gibt es jetzt auch die Möglichkeit, händlerübergreifend ganze Shoppingwelten aus einzelnen Pins zu kreieren. Ganz so, wie man es auch aus den klassischen Mode- oder Wohnmagazinen im Printbereich kennt. So können Kunden komplette Lifestyles, Marken, Looks, Produkte shoppen und sind nicht auf einzelne Händler begrenzt. So jedenfalls die Theorie. Leider ist die Shopping-Funktion in Deutschland aktuell, ähnlich wie die von Instagram, eher schwach zu bewerten. Das amerikanische Pinterest Modell kommt dem eigentlichen Ideal schon wesentlich näher, wenn es auch aufgrund der aktuellen technischen, regulatorischen und v.a. Skalierungsthemen aktuell eher überschaubar unterwegs ist. Denn nur die wenigsten gepinnten Produkte sind mit einem kaufbaren Angebot eines angeschlossenen Händlers verbunden.

Die Entwicklung des idealo Direktkauf entspringt einer ähnlichen Logik: Viele Kunden, die sich bei idealo umschauen und Preise und Produkte vergleichen, wollen auch direkt einkaufen. Sie kommen gezielt zu idealo, um händlerübergreifend zu suchen und wollen sich nicht durch ein (natürlich) limitiertes Händlerangebot einengen lassen. Diese Kunden nutzen die zahlreichen Filterfunktionen und Produktinformationen, um sich ihr “bestes Produkt” zu suchen. Sie wollen die App nicht verlassen, sondern haben alle kaufrelevanten Informationen schon gefunden, konkurrierende Hersteller und Modelle verglichen und haben dazu noch den besten Preis im Markt.

Jeder Medienbruch wird tendenziell als störend empfunden, die erneute Eingabe der Adressdaten pro Händlerseite, die Auswahl der Zahlarten etc. Anders als die beiden amerikanischen sozialen Netzwerke ist idealo von Anbeginn an eine E-Commerce Plattform, wird so vom Kunden auch wahrgenommen und gezielt besucht - jedes gefundene Angebot lässt sich kaufen und mittlerweile auch fast alles im idealo Direktkauf.

Instagram und Pinterest haben eines in Deutschland gemeinsam - die aktuelle “Shopping” Funktion scheint für beide nur eine weitere Spielart von Werbung. Keine der beiden Plattformen entwickelt wirklich gute Transaktionsfunktionen, baut Händlernetzwerke und -support auf. Und beide werden es so nicht schaffen, zu einem verlässlichen Shoppingpartner für den Kunden zu werden, der diesen gezielt für eine ausführliche, inspirierende Shoppingtour nutzt.

Sicherlich werden weitere Plattformen mit großer Endkundenreichweite ähnliche Wege einschlagen, um ihren Zugang zum Kunden zu monetarisieren. Wie nachhaltig dies ist, wenn nicht parallel umfangreiche Händlerservices auf- und ausgebaut werden, bleibt fraglich. Denn das Geschäft von Transaktionsplattformen ist wesentlich mehr als Werbung.


Über den Autor:

Erik Meierhoff beschäftigt sich über 15 Jahre mit digitalen Geschäftsprozessen im B2B2C Bereich.

Bei idealo verantwortet er seit 2017 die strategische und operative Weiterentwicklung des B2B Geschäfts. Der besondere Fokus liegt dabei auf dem Wandel von einem klickbasiertem Traffic- zu einem transaktionsbasierten Plattformmodell.